www.Schwerteln.de : Glossar.Schielhau Letzte Änderung: January 15, 2009, at 09:13 AM

Schielhau
Letzte Änderung: January 15, 2009, at 09:13 AM von Elmar

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Die Schwertler meinen:

Der Schielhau ist einer der Meisterhaue bzw. der verporgenen Haue Liechtenauers. Die Quellen des 15. Jhdts beschreiben ihn weitgehend deckungsgleich als Bruch gegen (schlechte) Oberhäue und Stiche, den Pflug und auch den Langort.

Kennzeichnend für den Schielhau ist, dass er als Oberhau beginnt, dann aber die Senkrechte durchquert und mit der kurzen Schneide trifft. Dadurch wird die gegnerische Klinge kontrolliert. Die Quellen unterscheiden folgende Situationen:

In der Grundversion gegen einen Oberhau soll der Schielhau mit fast ausgestreckten Armen die Schwäche der angreifenden Klinge treffen. Dabei soll die eigene Klinge oben zu liegen kommen. Anschließend trifft der Hau Kopf oder Brust. Ringeck1440: 31r erwähnt als einziger die oben liegende Klinge nicht, außerdem trifft sein Hau die Schulter statt den Kopf. Möglicherweise ist die Version Ringecks mehr darauf ausgelegt, den gegnerischen Hau zur Seite hin zu drängen, während die anderen Meister eher über die Klinge schlagen. (Letztere Version entspricht ihrem Prinzip nach damit einem hohen Zornhau mit der kurzen Schneide.) Die Beinarbeit ist als Sprung mit dem rechten Bein zur Zeit des ersten Teils des Haus beschrieben, über dessen Richtung es bei Jud Lew: 22v und Speyer: 25v heißt "spring zu" - also höchstwahrscheinlich "auf ihn zu".

Anfällig ist diese Technik vor allem gegen ein Durchwechseln des Gegners, welches in der Tat empfohlen wird für den Fall, dass der Schielhau zu kurz geschlagen wird. Um dies zu verhindern, soll derjenige, der den Schielhau ausführt, lang zum Gesicht stechen, sobald er den Versuch bemerkt. Das Durchwechseln wird also nicht versetzt, sondern mit dem Prinzip des Überlaufens verhindert. (Meyer1570: 53r wird dies später anders lösen, indem er mit einem Schritt nach links in der Bindung einen weiteren Schielhau ausführt, ihn also "zwiefacht".)

Da diese Grundversion auch gegen den Pflug und einen tiefen Stich zum Einsatz kommen soll, ist anzunehmen, dass sich die Höhe der Hände nach denen des Gegners richtet. (Die bei Meyer abgebildete Version dürfte eindeutig höher sein als die der älteren Quellen.)

Eine zweite Version des Schielhau wird angewendet, wenn der Gegner einem im Zufechten den Langort anbietet. Dabei soll man einen Hau (wahrscheinlich einen normalen Oberhau) zum Ort andeuten (anschielen desselben mit den Augen) und dann mit der kurzen Schneide seine Klinge treffen. (Möglicherweise in der Mitte, darüber wird nichts ausgesagt.) Sofort anschließend erfolgt ein Stich zum Hals, höchst wahrscheinlich in der Bindung. Der Schritt findet hier explizit erst mit dem Stich statt.

Bei der dritten Version sind sich die Quellen uneins, für welche Situation sie anzuwenden ist: Ringeck1440: 32v empfiehlt sie gegen einen Oberhau, Danzig1452: 24v und Jud Lew: 25r gegen den Langort, bei Speyer: 26v schließlich wird beides erwähnt. Allen gemeinsam ist, dass ein Hau (wiederum wahrscheinlich ein normaler Oberhau) zum Kopf fintiert wird, dann aber mit der kurzen Schneide die Klinge und sofort darauf mit dem Ort die Hand getroffen wird. Während Ringeck empfiehlt, an der Klinge entlang (also sanft) zu arbeiten, wird bei Speyer (zumindest für den Fall gegen einen Oberhau) ausdrücklich gegen die Klinge geschlagen.

Generell kann man aber beim Schielhau vermuten, dass zwischen der ersten und der zweiten Teiltechnik die Bindung möglichst aufrecht erhalten wird, schon um ein beginnendes Durchwechseln früh spüren zu können.

Meyer beschreibt ab 52v noch einige komplexe Stücke aus dem Schielhau, unter anderem auch eine Art Umbschlagen in den anderen Schieler, also auf der rechten Seite. Zusammen damit, dass Meyer wie schon erwähnt auch in der Grundversion die Hände sehr hoch nimmt, kann man dies als Indiz auffassen, dass der Schielhau beginnt, Prinzipien des Zwerchhau anzunehmen.

Marcel Dorfer meint:

schielhau, schilhaw: Ein oberhau mit mehreren Varianten, wobei der hau mit der kurzen schneide erfolgt. Die zu treffende Körperpartie des Gegners wird dabei nicht direkt angeblickt, sondern nur angeschielt, um ihn zu täuschen.

André Schulze meint:

Schilher: Schielhau. Ein Oberhau, bei dem der Körper nicht wie sonst üblich auf den Gegner gerichtet ist, sondern in einem Winkel von etwa 90° zur Angrifflinie steht, so dass man den Gegner nur schielend sieht. Die Klinge wird kurz vor dem Auftreffen oder während des Anbindens gedreht und trifft mit der kurzen Schneide auf das Ziel, dadurch entsteht ein starker Drall, der das gegnerische Schwert beiseitefegt. Der Schielhau kann auch sofort mit der Rückschneide gegen den Gegner ausgeführt werden.

Quellenverweise:


Referenzierende Artikel: